Neunerhaus

Geschäftsbericht Neunerhaus

   
Zum zweiten Mal durfte ich für das Neunerhaus den Geschäftsbericht fotografieren. Diesmal ging es mit einem Konzept der Hawas worldwide ins ppmFoto Studio. Im Jahresbericht 2017 zeigen wir keine Wohlfühlbilder. Denn kein Zuhause zu haben ist eine Erfahrung, die man sein Leben lang nicht vergisst. Eine Erfahrung, die prägt. Eine Erfahrung, die sich tief eingräbt – manchmal so tief, dass Betroffene den Eindruck haben, ihr Leben zerbreche. Die Bilder dieses neunerhaus Jahresberichts wollen das auf einprägsame Weise zeigen.
„Wohnungslosigkeit ist genauso drastisch, wie ihr sie mit den Bildern darstellt. Alles andere wäre Verharmlosung“, sagt Sandra, die sich als Betroffene selbst ablichten ließ.
   

Bild 1: Hans Georg, 54 Jahre

„Von heute auf morgen ist meine Lebenspartnerin verstorben. Die Wohnung hat ihr gehört. Ich hatte keine 28.000 Euro, um den Genossenschaftsbeitrag zu zahlen.

So bin ich plötzlich vor dem Nichts gestanden: Keine Partnerin und keine Wohnung mehr, dafür ein großer Schmerz.

In den ersten Wochen hat der Schock dominiert. Ich bin in Notquartieren untergekommen, wusste nicht weiter. Aber dann hab ich mich an den Haaren gepackt und begonnen wieder nach vorne zu schauen. Ich bin ins neunerhaus Billrothstraße gekommen, und jetzt geht es wieder bergauf. Eines weiß ich jetzt: Mich haut so schnell nichts mehr um.“

Bild 2: Sandra, 49 Jahre

„Wohnungslosigkeit ist genauso drastisch, wie ihr sie mit den Bildern darstellt. Alles andere wäre Verharmlosung: Nichts ist danach mehr wie davor. Es gibt Brüche, Risse und Wunden, die heilen nie.“

Das Leben von Renate und ihrer Schwester Sandra hat mit häuslicher Gewalt begonnen – in der Familie und im Heim. Danach mussten sie sich selbst auf der Straße durchkämpfen. Die Gewalterfahrung prägt ihr Leben bis heute und bringt immer wieder Auf und Abs. Zahlreiche Chancen auf ein besseres Leben konnten sie dadurch nicht ergreifen.

Bild 3: Renate, 51 Jahre

Die beiden Schwestern haben nicht aufgegeben. Renate fand einen Platz in einer betreuten Wohnung und Sandra wohnt im neunerhaus Hagenmüllergasse. Sie halten zusammen. Beide arbeiten als Tour-Guides bei Supertramp und brachten sich bei der Konzipierung des Peer-Projekts von neunerhaus und FSW ein. Mit ihrem Engagement und ihrem Erfahrungswissen wollen sie anderen Betroffenen helfen und für mehr Verständnis für obdach- und wohnungslose Menschen in der Gesellschaft werben.

Bild 4: Helmut, 39 Jahre

„Bei mir ist alles zusammengekommen: Trennung, Delogierung, Jobverlust. Das ist eine steile Abwärtsspirale und hat mir unheimlich zugesetzt.

Ich gehe sehr offen mit meiner Situation um, weil ich weiß: Wohnungslosigkeit, das kann uns allen passieren. Ich war früher Straßenbahnfahrer und hatte da viele „Stammfahrer“, die mit mir gefahren sind, weil sie kein Zuhause hatten. Unter ihnen war auch ein Akademiker und ein ehemaliger Juwelier. Am schlimmsten finde ich die abwertenden Blicke, wenn es dir Menschen ansehen, dass es dir schlecht geht. Dabei kann das wirklich jedem passieren.

Heute wohne ich im neunerhaus Billrothstraße. Ich packe an, wo ich kann und weiß: Es kann nur besser werden. Auch wenn es bis hierher schon ein langer Weg war.“

Credits

An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Mitwirkenden bedanken, die dieses großartige Projekt möglich gemacht haben. Gregor Ahman und Karin Schalko von der Havas, Mladen Penev für die sensationelle Post Production und natürlich den Modellen Sandra, Renate, Hans, Helmut und Helmut.

www.neunerhaus.at

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